Im Gespräch mit Heiko Kienbaum im Rahmen des ChurchDesk-Netzwerktreffens drehte sich alles darum, wie Vertrauen für die Kirche wieder hergestellt werden kann. Er ist Autor und war mehrere Jahre im Leitungsteam und zuletzt für eineinhalb Jahre Pastor in einer Freikirche tätig, bevor er sich bewusst der Landeskirche zuwandte und heute als Coach und Trainer aktiv ist. Nebenher ist er als Mitbegründer zweier Initiativen und dem Institut für Kirche 4.0 e.V.
Eine Feedbackkultur werde aber oft dadurch verhindert, dass die Menschen, die leitend hinter vielen Gemeinden stehen, überzeugt davon sind, den richtigen Weg zu kennen. Dies geschieht zwar oft mit den besten Motiven, doch wird dabei die Perspektive derer aus den Augen verloren, die vielleicht noch nie einen Gottesdienst besucht, oder sich nach vielen Jahren "enttäuscht" abgewendet haben.
Deswegen erzählte er uns, für wie elementar er das auf Menschen zugehen, zuhören und auch anpassen hält, um als Kirche wieder relevanter zu werden. Das Feedback reicht von der Gestaltung des Gottesdienstes, dem wahrgenommenen Angebot für unterschiedliche Zielgruppen bis hin zur Wahrnehmung ob und wie die Kommunikation der Gemeinde bei den Menschen vor Ort ankommt und der Milieuperspektive. So gebe es viele Menschen, die z.B. in der Lehre viele Gemeinsamkeiten entdecken, aber Sonntagmorgen um 10 Uhr einfach noch an keiner Veranstaltung teilnehmen wollten.
Einen anderen großen Grund für die abnehmende Relevanz sieht Heiko Kienbaum im schwindenden Vertrauen in die Kirche. Aus diesem Grund entstand auch eine zweite Initiative namens Kirche trägt Verantwortung. Diese Initiative fordert, dass jede religiöse Gemeinschaft in Deutschland dazu verpflichtet werden muss, ein Hinweisgebersystem einzurichten. Dies soll es ermöglichen, Meldungen über mögliche Grenzüberschreitungen in vielfältiger Weise konstruktiv entgegenzunehmen.
Neben sexuellen Missbrauchsfällen und unangemessenem Verhalten soll auch auf religiös intendierten (Macht)Missbrauch hingewiesen werden können. Durch staatlich legitimierte Schlichtungsstellen könnte interner Vertuschung so besser entgegengewirkt werden. Für Heiko Kienbaum ist eine solche Einrichtung ein Muss, denn die Kirche ist für ihn ein solch relevanter Ort, an dem so viel Gutes passiert, dass mit allen Mitteln auch heute noch stattfindender Missbrauch verhindert werden kann und potenzielle, strukturelle Gefahren für Menschen entdeckt und verändert werden können.
Kirchen und Gemeinden sollen in der Mitte unserer Gesellschaft wieder als ein sicherer und verantwortungsvoller aber gleichzeitig auch als inspirierender Ort wahrgenommen werden. Ein Hinweisgebersystem auf der einen Seite sowie eine gesunde Feedbackkultur auf der anderen Seite sollen helfen Kirchen und Gemeinden wieder als attraktiven Ort für sich zu erkennen.