Und schon ist der zweite Adventssonntag angekommen. Der Dezember bricht an und es kann hinter die ersten Adventskalendertürchen gespickelt werden. Auf unserem Blog sind zum zweiten Advent mit ihren Wünschen für die Kirche in der digitalen Gegenwart zu Gast: Lilith Becker von yeet, der Leiter der TelefonSeelsorge in Berlin Uwe Müller und der Leiter der KAMP Hubertus Schönemann.
Lilith Becker (Leiterin des evangelischen Contentnetzwerks yeet & Redakteurin bei evangelisch.de)
Sagen wir mal, Aschenputtel ist die Digitale Kirche. Ihre Schwestern und die Mutter, eine einst angesehen Familie, sind unsere alten Kirchenstrukturen. Der Prinz ist die Öffentlichkeit und das Ballpublikum unsere Gesellschaft.
Im Märchen knackt Aschenputtel die erste Haselnuss, der Prinz trifft sie als Jägerin im Wald und ist sehr beeindruckt von ihrem Geschick. Diesen Teil der Geschichte ist unser Digitale-Kirche-Aschenputtel schon gelaufen. Viele Medien berichten über eine neue Generation von Pfarrer*innen, die so ganz anders sind.
- Mein erster Wunsch: Diese erste Liebe für unsere neue Kirche, sie möge anhalten. Und zwar, weil wir als Menschen der Kirche weiter an dieser Beziehung mit ihren ersten zarten Pflänzchen mitarbeiten. Weil wir etwas zu bieten haben: Wir sind im richtigen Augenblick zur Stelle, auf uns ist Verlass.
Bei der zweiten Haselnuss erhält Aschenbrödel ein Kleid, nachdem sie lange und fleißig weitergearbeitet hat und sich nicht entmutigen ließ. Sie hat Ideen, sie hat Spaß, sie bemitleidet sich nicht selbst, sie leckt ihre Wunden und rappelt sich auf.
- Mein zweiter Wunsch: Digitale-Kirche-Aschenputtel, du wirst gesehen – wohnst aber noch in der Küche, schläfst dort bei der Asche. Du wirst das Herz der Menschen erobern, weil du ihnen deines zeigst – und nicht, weil du aus einer einst angesehenen und mächtigen Familie stammst. Sauge dieses Gefühl auf und behalte es bei dir, es ist dein Schatz. Vor allem: Sei so schlau wie das Märchen-Aschenputtel: gehe Bündnisse ein mit Mäusen und Tauben. Knüpfe Netzwerke.
Mit der dritten Haselnuss bekommt das Digitale-Kirche-Aschenputtel ein Brautkleid. Jetzt gehört sie dazu. Sie sitzt in der Synode auf dem Präsidium und sie darf im Rat der EKD dabei sein. Das hatte sie sich von Anfang an gewünscht: Dazu zugehören, dabei zu sein. Gesehen und anerkannt zu werden. Doch gehört sie schon wieder zu einer angesehenen Familie?
- Mein dritter Wunsch: Die Kirchen-Familie vertraut Aschenputtel, auch, falls die Ehe mit dem Prinzen nicht halten sollte. Aschenputtel geht weiter in ihrer mutigen Art voran: Sie zeigt sich als Mensch, der genauso Wunden an Leib und Seele genommen hat, wie jeder einzelne Mensch im Leben es erfährt –und wird durch ihren Weg glaubwürdige Königin der Herzen, Vorbild und Lebens-Begleiterin. Egal wie weit du kommst auf deinem Weg und auch, wenn du dich hochgekämpft hast ans Licht. Liebes Digitale-Kirche-Aschenputtel: Denke demütig an deine Herkunft. Vergiss deine ersten Freunde, die Mäuse und Tauben, nicht. Bleibe geduldig. Diene demütig. Und verliere dich nicht in einem Stolz der auf geliehener Macht basiert. Vergiss nicht wo du herkommst und mach es anders, als die vorherigen Prinzen und Prinzessinnen. Bleib offen – und wenn die Zeit reif ist, wirst auch du deinen Thron für die nächste Generation frei machen.
Uwe Müller (Leiter der kirchlichen TelefonSeelsorge Berlin)
- Ganz konkret und schleunigst wünschen ich mir eine "digitale Telefonseelsorge", eine Vernetzung von Mail- und Chatberatung, damit die Kleinteiligkeit und die Sprechstunden aufhören und wir in der TelefonSeelsorge auch digital 24/7 erreichbar sind.
- Auch wünsche ich mir eine stärkere Präsenz der Telefonseelsorge Deutschland in den sozialen Netzwerken, alters- und Nutzerentsprechend. Von dort aus wünschen ich mir einen leichteren Zugang zum Seelsorge - Beratungs- und Hilfesystem für die Nutzerinnen und Nutzer.
- Gleiches gilt für Messenger Dienste, die, weil sie den deutschen Datenschutzrichtlinien nicht entsprechen, nicht genutzt werden dürfen. Da muss eine Lösung her. Die Nutzer bestimmen doch, wie sie uns erreichen und wir können ihnen doch nicht unser Medium aufzwingen. Es gibt auch geschützte digitale Räume.
Hubertus Schönemann (Leitung der kath. Arbeitsstelle für missionarische Pastoral KAMP)
Ich wünsche den Kirchen in der digitalen Gegenwart in den nächsten drei Jahren...
- dass noch mehr Verantwortliche das Digitale nicht als zusätzliche Bürde, sondern als einen selbstverständlichen Teil der Kommunikation schätzen lernen.
- dass die mit Digitalität verbundene Vielfalt, Flüssigkeit und Freiheit die Ästhetik und das Wording „in Kirchens“ herausfordert und verändert.
- dass immer mehr Menschen im „Dunstkreis“ der Kirchen erkennen, dass digitale Formate kreative und selbstbestimmte Weisen der Beteiligung und des Engagements ermöglichen.