Bald ist Ostern und für viele Gemeinden beginnen jetzt schon die Vorbereitungen für das Auferstehungsfest. Dazu passt die Auferstehungsgeschichte, die die Gemeinde in Selmsdorf erzählen kann. Es geht um neues Leben in einem alten Gebäude.
Foto: Das Pfarrhaus vor dem Umbau
Neues Leben im alten Pfarrhaus
Selmsdorf in Mecklenburg-Vorpommern, nicht weit entfernt von der Ostsee und dem Timmendorfer Strand. Hier im ehemaligen Sperrgebiet lag noch vor etwas über 30 Jahren der nördlichste Grenzübergang der DDR zur Bundesrepublik. Lange stand hier auch das große Pfarrhaus der evangelischen Gemeinde leer und da die Gemeinde zwei Pfarrhäuser besaß und nach der Wende auf wenige hundert Mitglieder geschrumpft war, beschloss man, das größere, sanierungsbedürftige Pfarrhaus zu verkaufen. Als sich 1997 zwei Familien fanden, die jeweils eine Haushälfte des alten Pfarrhauses übernahmen, war man froh, das Gebäude los zu sein.
Doch dies wäre keine Auferstehungsgeschichte, wenn sich die Erzählung nicht ändern würde. Denn in den folgenden Jahren wuchs und wuchs die Gemeinde und bald reichte der kleine Gemeinderaum mit den knappen 27 qm nicht mehr aus. Zuerst kam ein teures Neubauprojekt im modernen Stil in Frage, doch als sich eine der beiden Familien entschloss, ihre Haushälfte zu verkaufen, konnte die Gemeinde diese Pfarrhaushälfte dank des Vorkaufsrechts und der Unterstützung des Kirchenkreises zurückerwerben. Damit entstand neben der 1864 erbauten Kirche nun kein Neubau, sondern das alte Pfarrhaus wurde wiederbelebt.
Foto: Im Gemeinderaum: Seniorenkreis – traditionelles Heringsessen im März.
Viel Platz für verschiedene Gruppen
„Für mich ist der heutige Tag auch etwas wie eine Wiedergeburt, weil wir das Pfarrhaus wieder nutzen können. Es ist ein schöner Tag”, wird die Einweihungspredigt im April 2019 von Gemeindediakon Torsten Woest in den Lübecker Nachrichten zitiert.
Im kleineren der beiden Pfarrhäuser, das heute als Mitarbeiterwohnung genutzt wird, waren zuvor keine Parallelveranstaltungen möglich gewesen. Nun gibt es neben genug Platz auch eine Küche und den für mecklenburgische Landpfarrhäuser typischen großen Pfarrgarten. Man kann es sich geradezu vorstellen, wenn Torsten Woest erzählt. Oben gibt es zwei Jugendräume und ein Büro für die Mitarbeiterin der Friedhofsverwaltung, während unten der Seniorenkreis, die Christenlehre oder der Konfirmandenunterricht stattfinden.
“Für uns ist es ein Geschenk, dass wir uns den historischen Blick auf die Kirche bewahren konnten und nun im alten Pfarrhaus wieder viele Menschen zusammenkommen”, erzählt er.
Gemeindewachstum durch Zuzug
Durch Umbauarbeiten 2020 entstand zusätzlich im Erdgeschoss ein großer Gemeindesaal und der Eingang ist nun barrierefrei. Der neue Saal wird im Winter bis zum Karfreitag als Winterkirche genutzt.
Den positiven Wandel und die steigenden Zahlen an Gemeindemitglieder verdankt die Gemeinde vor allem dem Zuzug. Selmsdorf, das vor den Toren Lübecks liegt, ist schon längst nicht mehr Sperrgebiet, sondern wird ein immer beliebter Wohnort. Gerade der Zuzug vieler Menschen aus den alten Bundesländern, die noch enger mit der Kirche verbunden sind, ist der Grund für die steigenden Mitgliederzahlen, erzählt Woest.
"Vielleicht hätte man damals das kleinere Pfarrhaus verkaufen sollen, anstatt das große, wenn man daran geglaubt hätte, dass sich nach der politischen Wende auch “kirchlich” wieder etwas ändert. Ob da Visionen fehlten? Ich weiß es nicht. Aber die Kirchengemeinde war damals froh, als sie einen Käufer für das Pfarrhaus gefunden hatte."
Neuer Raum macht mehr Leben möglich
Ob fehlende Visionen oder nicht, in Selmsdorf durfte sich die Gemeinde jedenfalls an ihrer kleinen Auferstehungsgeschichte freuen. Jede Gemeinde braucht Räume der Begegnung, sagt auch Diakon Woest: “Den Menschen ist die Gemeinschaft wichtig, deshalb sind wir sehr froh, dass wir wieder mehr Platz haben. Auferstehung hat ja etwas mit neuem Leben zu tun und das ist bei uns möglich geworden durch neuen Raum.”
Foto: Das Pfarrhaus nach dem Umbau