Strukturprozesse in Gemeinden: Fünf Erkenntnisse aus der Gemeindeberatung
Strukturveränderungen sind einfacher als Haltungsveränderungen – aber ohne Haltungsveränderungen bringen sie nichts. Menschen sind so lange motiviert wie sie selber nichts verändern müssen. Doch wirkliche Bewegung braucht Bewegung der Beteiligten, denn sonst bewegt sich gar nichts. Die Haltung ist also entscheidend für den Erfolg des Prozesses.
Haltung bedeutet dabei die innere Einstellung. Ein Perspektivwechsel wird nötig: Weg von “Es ist nur gut, wenn es bei mir stattfindet” hin zu einer gemeinsamen Perspektive. Weg von der Sicherung dessen, was schon immer so gewesen ist, hin zum eigentlichen Auftrag, nämlich: Menschen mit dem Evangelium in Verbindung bringen.
Dazu der Hinweis auf vier Leitworte der regiolokalen Kirchenentwicklung (Herbst und Pompe): Kooperation, Profilbildung, Ergänzung und Solidarität.
Regionalisierungsprozesse sind nicht banal, sondern komplex. Sie gelingen besser, wenn Menschen mit dabei sind, die Erfahrung und Fachkenntnis im Umgang mit solchen Prozessen haben. Das hat den Vorteil, dass die Beteiligten im Prozess sich so auf die Inhalte konzentrieren können und sich nicht auch noch darum kümmern müssen, dass alles ordentlich läuft.
Wichtig ist eine gute Verzahnung von Fach- und Prozessberatung. Das bedeutet: Je nach Standort im Prozess muss die entsprechende Fachberatung herangeholt werden. Dafür ist eine gute Prozesskompetenz notwendig. Der systemische Ansatz hat sich hierbei als sehr konstruktiv erwiesen.
Das Panel der 15. Ideenschmiede zum Thema Strukturprozesse, aus der dieser Vortrag stammt. Die Aufzeichnung der Veranstaltung finden Sie hier.
Regionalisierungsprozesse sind in den meisten Fällen durch externe Faktoren verursacht, die wiederum durch Leitungsentscheidungen zustande kommen. Leitungspersonen sind also an diesen Prozessen explizit oder implizit beteiligt.
Deshalb ist es wünschenswert, dass die Leitung (eines Kirchenkreises) eine Idee mitentwickelt, wie kirchliches Leben gestaltet werden soll, dass sie an Haltungsveränderungen mitwirkt, ggf. über Steuerungsinstrumente verfügt, und selbst bei Bedarf Coaching in Anspruch nimmt.
Zwei Faktoren sind hierbei wichtig: Die Unterscheidung zwischen sichtbarer und unsichtbarer Kirche und die historische Bedingtheit gegenwärtiger Organisationsformen.
Wenn wir nur an Struktur herumschrauben, greiffen wir zu kurz.
Nur das wenigste, was wir an Strukturen vor Augen haben, ist wirklich unveränderlich. Oder anders gesagt: Die Ortsgemeinde ist nicht vom Herrn selbst gestiftet worden, sondern sie ist eine historisch gewachsene Form.
Es ist eine wichtige und schwierige Aufgabe zu bestimmen, welche Form für unsere gegenwärtige Situation die passende für Gemeinden und Kirchen.
Unternehmen fragen nach ihrer Mission, nach Values und Purpose für die Mitarbeitenden. Was heißt das für die Kirche? Außenstehende unterstellen uns – wohlwollend –, wir wüssten selbstverständlich eine Antwort auf die Frage nach unserer Mission. Ist das wirklich so? Bei der Arbeit mit dem Golden Circle von Simon Sinek erleben wir regelmäßig Aha-Erlebnisse in kirchlichen Gremien und einen intensiven Austausch, der eine Gemeinschaft stiftet, die nur über Strukturdebatten gar nicht erreicht werden kann.
Und auch wenn es schwerfällt, das „Warum“ einer zwangsvereinten Region zu entdecken, so kann es doch die Beteiligten zu einer gemeinsamen geistlichen Basis führen, sich jeweils über ihr „Warum“ auszutauschen – und von dieser Basis aus über Strukturen zu sprechen.