Ältere Menschen haben halt Angst vor Technik - das hört man öfter. Doch stimmt das wirklich? Wir haben Luisa Lamm gefragt. Sie ist Projektmanagerin für den Digitaltag 2022.
Luisa Lamm ist Projektmanagerin der Initiative „Digital für alle“, die den Digitaltag ins Leben gerufen hat. Der bundesweite Aktionstag findet am 24. Juni statt.
Frau Lamm, was genau ist der Digitaltag?
Luisa Lamm: Der Digitaltag ist ein Aktionstag für die digitale Teilhabe, der einmal jährlich stattfindet. Hinter dem Digitaltag steht ein breites Bündnis, was sich “Digital für alle” nennt und sich aus 28 verschiedenen Organisationen aus der ganzen Gesellschaft zusammensetzt. Das sind Akteure aus Zivilgesellschaft, Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft, Wohlfahrt und öffentlicher Hand. Am Digitaltag selbst finden in der ganzen Bundesrepublik Veranstaltungen, Beratungsangebote oder Tage der offenen Tür statt, um Menschen zusammenzubringen und Digitalisierung näher zu bringen.
Was ist der Hauptzweck des Tages?
Luisa Lamm: Das Ziel des Digitaltags ist es, die digitale Teilhabe zu fördern. Wir sehen, dass Digitalisierung viele Potenziale birgt, aber noch nicht alle sie nutzen können.
Gibt einen Bereich in der Digitalisierung, in dem Sie besonders großen Nachholbedarf sehen?
Luisa Lamm: Ich sehe vor allem Nachholbedarf für bestimmte Gruppen, die digital oft ausgeschlossen sind. Besonders stark trifft das die älteren Menschen ab 75. Aber auch Menschen mit Behinderungen oder Kinder aus ökonomisch benachteiligten Familien und Wohnungslose.
Wenn wir einmal bei den älteren Menschen bleiben: Woran liegt es, dass es eine Art Altersschwelle gibt, ab der Menschen digitale Techniken nicht mehr selbstbewusst nutzen?
Luisa Lamm: Was wir in unserer Studie zur digitalen Teilhabe sehen, ist, dass häufig der Nutzen nicht erkannt wird und deswegen das Interesse auch nicht so groß ist. Bei vielen besteht aber eigentlich ein generelles Interesse, wenn erst einmal klar wird, was für Möglichkeiten Digitalisierung auch Senioren und Seniorinnen bietet.
Zum Beispiel?
Luisa Lamm: Soziale Teilhabe über Videotelefonie, Onlinegottesdienste oder ein selbstbestimmtes Leben in der eigenen Wohnung durch Sprachassistenten und andere Funktionen.
Ist die Skepsis kleiner, als man vielerorts annimmt, und steht eher eine fehlende Aufklärung der digitalen Teilhabe im Weg?
Luisa Lamm: Ich würde da nicht von fehlender Aufklärung sprechen, sondern von fehlender Begleitung. Es reicht oft nicht, nur Wissen zu vermitteln, sondern es muss veranschaulicht werden und zwar ganz alltagsnah und im Tempo der Personen. Es gibt auf jeden Fall den Wunsch, digitale Kompetenzen zu stärken. Mehr als die Hälfte der Befragten in unserer Studie würden gerne mehr am digitalen Alltag teilhaben, kennen sich aber nicht genug aus.
Nicht an der digitalen Welt teilnehmen zu können, obwohl man gerne möchte... Damit gehen ja auch starke Einschränkungen einher.
Luisa Lamm: Genau, deshalb ist das Thema auch so dringlich, denn ermöglicht sollte der Zugang jedem werden, der möchte.
Welche Aufgabe sehen Sie da in der Kirche beim Thema Einbindung gerade von älteren Personen in die digitale Welt?
Luisa Lamm: Die Kirchen können einen großen Beitrag dazu leisten, weil sie viele Menschen dieser Gruppe auf anderem Wege erreichen. Somit haben sie das Potenzial dazu, die Menschen zu schulen und digital fitter zu machen.